VIELE FÜR TECHNIKER*INNEN

Die Branche wurde hart getroffen von Corona. An vielen Stellen haben sich aber vor allem Probleme und Sollbruchstellen gezeigt, welche schon seit langer Zeit existieren.
Soziale Absicherung von freien Techniker*innen, das generelle Lohnniveau, immmer mehr Arbeit bei immer kleineren Margen – Themen die bei weitem nicht nur Selbstständige beschäftigen.
Themen, welche die gesamte Branche betreffen. Deshalb wollen viele produktiv und proaktiv in die Zukunft schauen, Lösungen anbieten welche tiefgreifend Veränderungen ermöglichen. Es geht um mehr als kurzfristige Flicken auf großen Rissen. Es geht um die Frage:

Wie wollen wir in Zukunft arbeiten?

Wir, alle Menschen in der Veranstaltungsbranche, in Firmen und Selbstständig, Künstler und Handwerker – Wir alle.

Bei der viele e.G. sind alle Mitarbeitenden festangestellt. Wir zahlen in alle Sozialversicherungen ein und sind Rentenversichert. Viele haben verstanden, dass unsere ganze Branche von den einzelnen Menschen abhängt. Es spielt eine kritische Rolle, wer wann wo und mit wem eingesetzt wird. Wir wollen deshalb nicht in einem Firmenkonstrukt verschwinden als anonyme Techniker, sondern wir sind weiter als Individuen präsent. Jeder ansprechbar als Partner, der jetzt auch Teams mitbringen oder einen Ersatz anbieten kann. Vorhandene Geschäftsbeziehungen werden erhalten und ausgebaut.

Wir wollen die überall vorhandenen Teamstrukturen, in denen wir täglich arbeiten, jetzt auch in echte Strukturen integrieren.

Warum bei viele angestellt sein?

Die Genossenschaft bietet den entscheidenden Vorteil, dass du mit dem Schritt aus der Selbstständigkeit heraus deinen diversen Stamm an Auftraggebern behalten kannst. Im Idealfall nimmst du deine Kunden einfach mit und Firmen, die dich bisher beauftragt haben, können dies auch weiterhin über die Genossenschaft tun. Arbeitest du für eine Technikfirma, werden damit i.d.R. Aufträge von Konkurrenten am Markt vertraglich ausgeschlossen.

Wir wollen, dass jeder weiter die Möglichkeit hat seinen eigenen Kalender zu pflegen. Es gibt die Möglichkeit selber Produktionen zu verantworten mit den gewohnten Auftraggebern, oder sich bei anderen Teams intern zu beteiligen.

Jedes Genossenschaftsmitglied ist mit seinem Anteil zu gleichen Teilen an der Firma beteiligt. Alle Genossen entscheiden mit. Im Gegensatz zu einer GmbH, in der ein Inhaber oder eine kleine Zahl an Menschen finanziell von der Arbeit vieler profitiert, fließen in einer Genossenschaft keine Gelder an Teilhaber ab, die nicht am aktiven Geschäftsbetrieb beteiligt sind. Geht es der Firma gut, geht es allen gut. Das kommt dem Konzept der Selbstständigkeit näher, als ein Anstellungsverhältnis ohne Mitbestimmungsrechte.

Ein genossenschaftlicher Zusammenschluss ermöglicht es betriebliche Funktionen effizienter zu strukturieren. Sei es …

  • die Nutzung von Synergien bei Buchhaltung, Steuererklärung und Anschaffungen;
  • die Transparenz am Markt, was die Preisgestaltungen angeht;
  • oder mehr Einfluss bei Verhandlungen über Vergütung und Arbeitsbedingungen.

Das Solidaritätsprinzip hilft Einzelnen im Fall von Krankheit oder anderen Unwägbarkeiten. In diesen Fällen kann eine größere Genossenschaft Ausfälle kompensieren.

Wie funktioniert das finanziell konkret?

Durch die deutlich erhöhten Personalkosten, wird der heute übliche Verkaufspreis nicht zu halten sein. Tatsächlich betrifft dies aber auch alle anderen Firmen in der Branche, welche jetzt und in Zukunft mit Festangestellten arbeiten. Wichtig ist, das innerhalb der Genossenschaft keine Konkurrenz über Preise entstehen kann. Transparenz und Nachvollziehbarkeit ist bei der finanziellen Gestaltung das Wichtigste.

Wie sieht das Vergütungssystem aus?

Das Vergütungssystem soll die individuellen Unterschiede, in Arbeitszeit, Qualifikation, und Arbeitsaufkommen abbilden. Es dient vor allem dem Tracking von Arbeitszeit und Arbeitsleistung. Von jedem eingenommenen Euro, welcher einzelnen Technikern zugerechnet werden kann (durch Arbeitsleistung auf bestimmten Jobs) bleiben 35-45% bei der Genossenschaft. Dieser Prozentsatz dient der Deckung von Lohnnebenkosten, Sozialversicherungen, Buchhaltung, Gebühren und der Schaffung von Genossenschaftsvermögen, welche für größere gemeinschaftliche Anschaffungen und die Schaffung von Puffern genutzt werden kann.

Die anderen 65-55% werden der jeweiligen Person gutgeschrieben. Von diesem virtuellen Konto werden dann Bruttolohn und alle Leistungen zugunsten des Technikers bezahlt: Leasingwagen, Technikanschaffungen, etc.

Ein Beispiel:

Ein Techniker arbeitet bei einem Auftraggeber und schreibt eine Rechnung über 1000€ (ohne Mehrwertsteuer für das Rechenbeispiel), bei einem Genossenschaftsverbleib von 40%.

Er bekommt nach Zahlung dann 600 Euro gutgeschrieben. 

Er macht das im Monat zehn mal, hat am Ende des Monats also 6000 Euro.

Er hat sich entschlossen sich als monatliches Grundgehalt 2000 Euro auszahlen zu lassen. Was bedeutet, dass 4000 Euro diesen Monat übrig sind auf seinem Konto. Dieses Geld wird dann als Bonus monatlich oder quartalsweise ausgeschüttet. Wichtig ist, dass diese Summen immer Brutto sind und noch versteuert werden müssen!

Auf diese Art und Weise bleiben Leistung und Verdienst miteinander verknüpft. Wir müssen uns dabei trotzdem, wie alle Arbeitgeber, an Arbeitszeitgesetze halten.

Wie werden individuelle Situationen und Fertigkeiten berücksichtigt?

Ein denkbares Modell sind hier verschiedene Faktoren in der Preisgestaltung. Nach Wohnort, Position auf dem Job oder ähnliches. Über eine Faktorisierung kann transparent und reproduzierbar Kalkuliert werden.

Bei Positionen ist z.B. ein Stufenmodell denkbar

Stufe 1 – einfacher Technikersatz: 1,0fache -> 600€

Stufe 2 – FOH, MON, Systemer: 1,15fache -> 690€

Stufe 3 – 1.Techniker: 1,3fache -> 780€

Wie wird mit Preisgefällen zwischen Industrie und Kultur umgegangen?

Eine berechtigte Sorge von Vielen ist die Resonanz der Auftraggeber auf die deutlichen Preissteigerungen. Während das im Industriebereich gut kommunizierbar ist, ist es im Kulturbereich unter einer gewissen Produktionsgröße auf absehbare Zeit schwierig die Preise in dem Maße zu erhöhen, wie nötig. Das Problem ist komplex, es gibt aber Ideen wie man in Zukunft besser mit allen Beteiligten wirtschaften kann.

Umsatzbeteiligungen kombiniert mit langfristigen Verträgen sind ein guter Weg um die unterschiedlichen Risiken abzudecken. Wenn der Preis, den wir für ein kostendeckendes Wirtschaften brauchen, kurzfristig nicht bezahlt werden kann, gehen wir in eine langfristige Kooperation. Eine Festgage in Kombination mit einer Umsatzbeteiligung ist eine faire Lösung in diesem Fall. Hierdurch können Verluste am Beginn der Geschäftsbeziehung durch spätere Einnahmen ausgeglichen werden. Gleichzeitig könnten durch einen internen Topf die Gehälter aufgestockt werden. Alles was dann später mehr verdient wird als ein bestimmter Höchstsatz, geht dann in diesen Topf.

FUNKTION DER GENOSSENSCHAFT

Was ist eine Genossenschaft?

Hinter jeder Genossenschaft steht die Idee, gemeinsam am Markt aufzutreten – als Gemeinschaft und nicht als Einzelkämpfer. Eine genossenschaftliche Kooperation bietet sich immer dann an, wenn das Verfolgen eines wirtschaftlichen Ziels die Leistungsfähigkeit des Einzelnen übersteigt, zugleich aber die selbständige Existenz gewahrt werden soll.[1] Eine Genossenschaft ist somit einen Zusammenschluss von Personen, die zum Zweck wirtschaftlichen Förderung der Mitglieder, eine gemeinschaftliches Unternehmen betreiben.

Wie werde ich Teil der Genossenschaft?

Hier gibt es einen Unterschied zwischen den Gründungsmitgliedern der frischen Genossenschaft und dem regulären Prozess, nach dem etablierten Konzept. Zuerst der reguläre Prozess:
Um vollwertiger Teil der Genossenschaft zu werden gibt es zwei Schritte:
1. Der Arbeitsvertrag mit der Genossenschaft: Hierfür erfolgt ein regulärer Bewerbungsprozess.
2. Der Beitritt zur Genossenschaft: Sinnvollerweise erfolgt die Aufnahme in die Genossenschaft nach einer Probezeit von 3-12 Monaten. Dies erfolgt durch einen Aufnahmeantrag. Über diesen entscheidet der Personalkreis. Nach positivem Bescheid der Genossenschaft, müssen Genossenschaftsanteile gekauft werden. Um die Hürden möglichst niedrig zu halten, können hier Ratenzahlungen vereinbart werden.

Wie werde ich Gründungsmitglied?

Bei der Gründung der Genossenschaft müssen wir durch die noch nicht vorhandenen liquiden Mittel anders vorgehen. In diesem Fall wird zuerst die Genossenschaft gegründet, d.h. die Gründungsmitglieder zeichnen unmittelbar die Genossenschaftsanteile. Hierdurch kann das gesamte Konzept aufgestellt und vorbereitet werden, bevor durch die Anstellung der Mitglieder höhere Kosten auf die Genossenschaft zukommen. 
Im zweiten Schritt, können die Mitglieder sukzessive angestellt werden. Das ermöglicht einen sanften Einstieg. Hierfür ist es dringend notwendig Personal im Zugriff zu haben, welches sich mit Lohnbuchhaltung und Anstellungsverfahren auskennt. Entweder als externe Beratung oder später als Angestellte.

Was genau beinhalten die Genossenschaftsanteile?

Durch Genossenschaftsanteile kann bestimmt werden, wer wann Mitwirkungsrechte hat. Jede Person die angestellt für die Genossenschaft arbeitet kann einen aktiven Genossenschaftsanteil erwerben und hat damit ein Mitbestimmungsrecht in der Mitgliederversammlung, in der die Geschäftsführung und der Aufsichtsrat gewählt werden.
Es gibt die Möglichkeit durch passive Genossenschaftsanteile Geschäftspartner zu beteiligen. Auftraggeber können sich durch den Erwerb von passiven Anteilen mit der Genossenschaft verbinden und das Konzept unterstützen. Passive Anteile haben kein Stimmrecht, gewinnen aber Einblicke im Sinne der Transparenz.
Die Genossenschaftsanteile sollten nicht als direkte Geldanlage gesehen werden und der Zinssatz sollte deutlich begrenzt werden.
Das Halten von aktiven Genossenschaftsanteilen ist fest verbunden mit einem Arbeitsvertrag mit der Genossenschaft. Wird der Arbeitsvertrag aufgelöst, müssen auch die Anteile abgegeben werden. Alternativ werden die aktiven Anteile in passive umgewandelt.

Wie werden in der Genossenschaft Entscheidungen getroffen?

Generalversammlung

Die Generalversammlung ist das Organ, in dem alle Mitglieder der Genossenschaft gemeinsam über die grundsätzlichen Angelegenheiten entscheiden. Bei Genossenschaften mit weniger als 20 Mitgliedern kann die Satzung ein Weisungsrecht der Generalversammlung gegenüber dem Vorstand einräumen.

Vorstand

Der Vorstand wird von der Mitgliederversammlung gewählt, muss aus mindestens zwei Personen bestehen, in unserem Fall zwischen 3 und 5 Personen, und ist für jede Genossenschaft verpflichtend. Er lenkt die Geschäfte der Genossenschaft und ist unterschriftsberechtigt. Die Arbeit des Vorstandes wird auf Stundenbasis vergütet werden. Der Satz hierfür wird vom Aufsichtsrat in Kombination mit dem Finanzkreis bestimmt werden.

Aufsichtsrat

Der Aufsichtsrat wird gewählt um die Geschäftsführung zu kontrollieren. Der Aufsichtsrat ist verpflichtend für Genossenschaften, welche größer sind als 20 Mitglieder. Bei weniger als 20 Mitgliedern kann er freiwillig bestimmt werden. Gibt es keinen Aufsichtsrat, werden dessen Aufgaben und Pflichten von der Generalversammlung übernommen. Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens drei Personen. Die Arbeit des Aufsichtsrates wird nicht vergütet. Aufsichtsräte können jedoch Aufwandspauschalen bekommen.

Arbeitskreise

Neben den vorherig genannten Organen, die in jeder Genossenschaft satzungsgemäß verankert sind, sind in der viele e.G. ergänzend Arbeitskreise vorgesehen. In diesen können sich Mitglieder freiwillig zu unterschiedlichen Themen einbringen und so beratend auf die Entscheidungen des Vorstands einwirken. Die Mitarbeit in Arbeitskreisen sollte ehrenamtlich, mit einer Kompensation anfallender Kosten (z.B. Bahnfahrten o.Ä.) stattfinden. Jedes Vorstandsmitglied sollte in zwei Arbeitskreisen sein, damit Entscheidungen nach dem 4-Augenprinzip getroffen werden können.

Folgende Arbeitskreise sind angedacht:

Finanzkreis

Der Finanzkreis kümmert sich um die finanziellen Belange der Genossenschaft. Die Überprüfung des Vorstandes, die Koordination mit prüfenden Instanzen, sowie die Planung in die Zukunft. Im Blick behalten was an Geldern verfügbar ist und wie Diese verwendet werden können.

Personalkreis

Der Personalkreis kümmert sich um Personalfragen. Wer oder wie viele, werden nach welchen Kriterien eingestellt.

Materialkreis

Der Materialkreis kümmert sich um die Anschaffung von Materialien wie PSA, Tools, Arbeitskleidung, Messgeräte und welches Großmaterial angeschafft wird.

Partnerkreis

Der Partnerkreis kümmert sich um die Kommunikation mit den Geschäftspartnern des Unternehmens. Hierbei geht es um die Lösung von Problemen, die Gestaltung der Partnerschaften und das Gewinnen von neuen Partnern

Nachhaltigkeitskreis

Der Nachhaltigkeitskreis kümmert sich um die Auswirkungen unserer Arbeit. Soziale, ökologische und finanzielle Langzeitwirkungen werden hier untersucht und so positiv wie möglich gestaltet. Der Nachhaltigkeitskreis arbeitet eng mit allen anderen Kreisen zusammen und hat u.U. sogar ein Vetorecht.

Was sind meine Austrittsoptionen?

Mit der Genossenschaft bestehen zwei verschiedene Verhältnisse: 

  1. ein klassisches Arbeitnehmerverhältnis, beschrieben durch einen Arbeitsvertrag. Dieser kann zu üblichen Bedingungen fristgerecht gekündigt werden.
  2. ein Verhältnis als Genossenschaftsmitglied, welches durch eine Kündigung und die Rückgabe der Genossenschaftsanteile gelöst wird. Die genauen Modalitäten dazu sind in der Satzung beschrieben, klassische Frist ist das Ende des Geschäftsjahres.
  3. Beide Verträge können durch eine Kopplungsklausel verbunden werden. Dies kann jedoch nicht dazu dienen arbeitsrechtliche Erfordernisse auszuhebeln.